Während der konventionellen spanenden Fertigung mit geometrisch bestimmter Schneide ist Luft stets als Umgebungsmedium präsent. Begünstigt durch hohe Prozesstemperaturen reagiert der in der Luft enthaltene Sauerstoff mit dem Werkstück- und Werkzeugmaterial. Hoch reaktiv bezüglich Sauerstoff reagiert dabei der Werkstoff Titan, der insbesondere aufgrund seiner hohen spezifischen Festigkeit attraktiv für eine weite Bandbreite an industriellen Anwendungsmöglichkeiten ist. Aber auch die häufig bei der Titanzerspanung eingesetzten Hartmetallwerkzeuge unterliegen Oxidationsprozessen. Die Folgen sind, dass Titanoxide die erzeugten Bauteiloberflächen charakterisieren und die Werkzeuge oxidativem Verschleiß ausgesetzt sind.
Der aktuelle Stand des Wissens setzt das Vorhandensein von Sauerstoff und die damit einhergehenden Wirkmechanismen stets voraus. Es ist nicht bekannt, inwieweit die Vorgänge während der Titanzerspanung durch eine sauerstofffreie Atmosphäre beeinflusst werden können. Innerhalb des Sonderforschungsbereichs erforscht Wissenschaftler Schaper aus diesem Grund die sauerstofffreie Titanzerspanung. Schaper: „Das Ziel ist es, Kenntnisse über Wirkmechanismen, Verschleißvorgänge und die chemische Zusammensetzung der Bauteilrandzone bei sauerstofffreier Zerspanung zu erlangen.“
Um die Sauerstofffreiheit der Zerspanatmosphäre zu realisieren, hat der Projektmitarbeiter in einen Drehversuchsstand ein spezielles Gasgemisch initiiert, das zum einen auf einer Inertgasspülung mit Argon und zum anderen auf einer Aktivgasreaktion des Gases Silan mit Sauerstoff basiert. Auf diese Weise wird eine Atmosphäre geschaffen, die hinsichtlich des Sauerstoffgehaltes der höchsten Vakuumqualität entspricht.
Die ersten Versuche des Wissenschaftlers sind vielversprechend: Der Einsatz von beschichteten und unbeschichteten Hartmetallwerkzeugen hat gezeigt, dass sich in Luft Oxidschichten bilden, die unter sauerstofffreier Atmosphäre nicht entstehen. Ein Standzeitgewinn um bis zu 60 Prozent konnte so erreicht werden. In der Zukunft wird am IFW daran gearbeitet, die chemischen und tribologischen Vorgänge hinter der sauerstofffreien Zerspanung zu charakterisieren, um das Verschleißverhalten und die erzielbare Bauteiloberfläche hinsichtlich ihrer chemischen Zusammensetzung vorhersagen zu können.
Kontakt:
Für weitere Informationen steht Ihnen Florian Schaper, Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen der Leibniz Universität Hannover, unter Telefon +49 511 762 19091 oder per E-Mail unter schaper@ifw.uni-hannover.de gern zur Verfügung.