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Festwalzen von Schweißverbindungen verlängert Lebensdauer von Windenergieanlagen

Festwalzen von Schweißverbindungen verlängert Lebensdauer von Windenergieanlagen

© IFW
In situ Zugprüfmaschine

Tragstrukturen von Offshore-Windenergieanlagen werden vorwiegend als Monopiles ausgeführt. Diese bestehen aus Stahlrohrsegmenten, die mehrlagig verschweißt werden. „Diese Schweißverbindungen sind kritisch, wenn es um die Lebensdauer der Monopiles geht“, sagt Steffen Heikebrügge vom Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen der Leibniz Universität Hannover. In seinem Projekt „Deep Rolled Welds“ erforscht er gemeinsam mit Wissenschaftlern des Instituts für Stahlbau (IfS) der Leibniz Universität Hannover, wie sich die Lebensdauer der Tragstrukturen verlängern lässt. Den Wissenschaftlern geht es dabei in erster Linie um die Erforschung der Wirkzusammenhänge von Druck- und Zugeigenspannungen.

Ein Verfahren, um Rissbildungen bei Schweißnähten zu verzögern, ist das Festwalzen zur Nachbehandlung der Schweißnähte. Heikebrügge: „Dadurch werden Druckeigenspannungen in das Material eingebracht, die den Zugeigenspannungen entgegenwirken.“ Der Zusammenhang: Durch Wind- und Wellenlasten erzeugte Zugeigenspannungen beschleunigen das Versagen der Schweißnähte. Sie wirken rissöffnend. Druckeigenspannungen dagegen wirken rissschließend und verlängern damit die Lebensdauer der Schweißnähte. „Diese Wirkzusammenhänge wollen wir erforschen, um letztendlich ganz gezielt auf Grundlage dieser Erkenntnisse Druckeigenspannungen zur Verlängerung der Lebensdauer der Monopiles einbringen zu können“, erläutert Heikebrügge.

Die Verlängerung der Lebensdauer der Monopiles ist notwendig, insbesondere auch um die energiepolitischen Ziele der Bundesregierung zu erreichen: Nach dem im Jahr 2014 beschlossenen Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien (EEG) soll bis zum Jahr 2025 der Anteil des durch erneuerbare Energien erzeugten Stroms in Deutschland auf bis zu 45 Prozent gesteigert werden. Für das Erreichen dieses energiepolitischen Ziels leistet die Offshore-Windenergie einen unverzichtbaren Beitrag. Offshore-Windenergieanlagen (OWEA) produzieren an rund 340 Tagen im Jahr Strom.

Bei der automatisierten Herstellung von Monopiles für OWEA werden umgeformte und vorbereitete Rohrsegmente dicker Stahlbleche (bis zu 160 mm) mehrlagig verschweißt. Dabei hat ein fertiger Monopile mit einer Höhe von 60 m und einem Durchmesser von 10 m ein Gewicht von ca. 500 t. Im Einsatz werden OWEA kontinuierlich durch Wind-, Wellen- und Betriebslasten dynamisch beansprucht. Den Haupteinfluss auf das Ermüdungsverhalten der Schweißverbindungen haben durch das Schweißen eingebrachte Eigenspannungen. Diese entstehen durch Aufheiz- und Abkühlprozesse bei der Einbringung des Schweißguts.

Ziel des Projekts ist ein qualifizierter Festwalzprozess für die Anwendung an Schweißverbindungen. Im Fokus steht dabei die Untersuchung der Wirkzusammenhänge zwischen den durch das Festwalzen eingebrachten Druckeigenspannungen und den durch äußere Belastungen erzeugten Lastspannungen mittels röntgenographischer Messmethoden. Dazu haben die Projektmitarbeiter eine Zugprüfmaschine (siehe Titelbild) entwickelt, die in ein Röntgendiffraktometer integriert werden kann.  Den festgewalzten Zugproben werden mittels Prüfmaschine definiert Lastspannungen überlagert.

Erste Erkenntnisse der in situ Messungen zeigen, dass eine Überlagerung der applizierten Lastspannungen mit den zuvor durch das Festwalzen eingebrachten Eigenspannungen röntgenographisch detektiert werden kann. Außerdem wurden für den untersuchten Baustahl Lastniveaus bestimmt, die unterschiedlichen Einfluss auf einen Abbau der eingebrachten Druckeigenspannungen nach Entlastung haben. Heikebrügge: „Aktuell überprüfen wir diese Ergebnisse in weiteren Untersuchungen. Im Anschluss daran wollen wir die Untersuchungen auf Versuche mit dynamischer Belastung übertragen, um so gezielt und abhängig vom durch Festwalzen erzeugten Eigenspannungszustand die Lebensdauer von Schweißverbindungen auszulegen.“

Kontakt:

Für weitere Informationen steht Ihnen M. Sc. Steffen Heikebrügge, Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen, unter Telefon +49 511 762 18293 oder per E-Mail unter heikebruegge@ifw.uni-hannover.de gern zur Verfügung.