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Innovativer linear-rotatorischer Mehrkoordinatendirektantrieb für Werkzeugmaschinen im Einsatz

Innovativer linear-rotatorischer Mehrkoordinatendirektantrieb für Werkzeugmaschinen im Einsatz

© IFW
Der linear- rotatorische Mehrkoordinatendirektantrieb mit Bearbeitungsspindel für die Fräsbearbeitung

Am Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) wurde von Forschern ein neuartiges Antriebsdesign eines Mehrkoordinatendirektantriebs entwickelt. In der Vergangenheit wurde bereits ein planerer Mehrkoordinatendirektantrieb entwickelt. Dieses Konzept wurde nun auf einen neuartigen linearer- und rotatorischen Mehrkoordinatendirektantrieb übertragen, der dadurch hoch präzise und auch hoch dynamisch mit nur einem Rotor verfahren kann. Dieser innovative Antrieb bietet ein hohes Potential zur Positionierung der Bearbeitungsspindel in Dreh-Fräszentren.

In hochmodernen Werkzeugmaschinen werden oftmals zur Positionierung eines Werkzeuges oder eines Werkstückes mehrere Vorschubantriebe in einer seriellen Kinematik verschaltet. Prinzipbedingt trägt eine unterlagerte Achse dabei die überlagerten Achsen. Durch die zusätzliche Masse der überlagerten Achsen wird jedoch die Gesamtdynamik begrenzt. Weitere Nachteile dieses Aufbaus sind eine begrenzte Steifigkeit und Genauigkeit, da mehrere Verbindungselemente zwischen den Achsen notwendig sind. Um auf die serielle Kinematik und die damit einhergehenden Nachteile zu verzichten, haben Forscher am IFW in Kooperation mit der Gildemeister Drehmaschinen GmbH und der Franz Kessler GmbH einen neuartigen Mehrkoordinatendirektantrieb entwickelt. Die Neuheit des Antriebes ist, dass ohne eine serielle Kinematik in linearer- und rotatorischer Achsrichtung mit nur einer Maschinenkomponente (Rotor) verfahren werden kann. Um auch bei einer hoch produktiven Zerspanung die Tragfähigkeit der Rotorlagerung zu gewährleisten, wurde hierfür extra eine hydrostatische Lager- und Klemmeinheit entwickelt (https://www.ifw.uni-hannover.de/de/forschung/beendete-projekte/beendete-forschungsprojekte-detailansicht/projects/hydrostatisch-gelagerter-pinolendirektantrieb-fuer-drehmaschinen/).

Nachdem der Antrieb simulativ mithilfe der Finite-Elemente-Methode in Bezug auf eine hohe Leistungsdichte und eine geringe Verlustleistung am IFW optimiert wurde, erfolgte der Aufbau des Mehrkoordinatendirektantriebes zur Erforschung der Leistungsfähigkeit und Grenzen. Dabei wurde ein Verfahrweg entlang der Y-Linearachse um ± 100 mm und entlang der B-Rotationsachse um ± 120 ° erreicht. Diese gleichen den Verfahrwegen eines konventionellen Dreh-Fräszentrums. Anhand von Untersuchungen wurde gezeigt, dass ein maximales Drehmoment von 1.471,6 Nm und eine Vorschubkraft von 4.893,7 N mit dem Antrieb möglich ist. Diese hohe Leistungsfähigkeit ist auch bei gleichzeitiger Aktuierung beider Achsen mit nur geringen Einbußen (max. 10,6 %) möglich. In der Untersuchung der Achsdynamikwurden somit Geschwindigkeiten entlang der Linearachse von 78 m/min und der Rotationsachse von 158,3 U/min erreicht. „Diese hohe Dynamik ist beachtlich und entspricht im Vergleich zu einer Werkzeugmaschine mit serieller Kinematik und identischem Verfahrweg einer Steigerung von +126 %“, so der wissenschaftliche Mitarbeiter Patrick Ahlborn.

Am Ende der Projektphase wurde die Eignung des Mehrkoordinatendirektantriebes für zerspanende Prozesse erforscht. Dabei wurden in mehreren Fräsversuchen erfolgreich mehrere Testgeometrien wie beispielsweise Voll- und Halbschnitte gefräst. Eine Abdrängung der Achsposition durch die Bearbeitungskräfte wurde selbst bei Eingriffstiefen von 5 mm nicht festgestellt. Das Fräsen der Testgeometrien war mit einer stabilen Achsreglung und Achsposition möglich. In Aktion ist der Antrieb unter dem nachfolgenden Link als Video zu sehen (https://www.youtube.com/watch?v=7m4gLaebbMY).

Kontakt:

Für weitere Informationen steht Ihnen Patrick Ahlborn, Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen der Leibniz Universität Hannover, unter Telefon +49 (0) 511 - 18163 oder per E-Mail (Ahlborn@ifw.uni-hannover.de) gern zur Verfügung.