Autonomes Entgraten von Strukturbauteilen

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Beispiel für ein gratbehaftetes Bauteil

Start des Forschungsprojekts AdaPES: Entgratprozesse vollständig automatisieren – das ist das Ziel des Forschungsprojekts "Adaptive Prozessplanung für das Entgraten von Strukturbauteilen (AdaPES)". Das Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) der Leibniz Universität Hannover arbeitet in diesem Projekt mit der SWMS Systemtechnik Ingenieurgesellschaft mbH zusammen. Für die Applikation dieses Forschungsvorhabens forschen die Projektpartner an einem neuartigen Ansatz. So sollen sensorisch erfasste, reale Größen für eine adaptierte CAM-Planung genutzt werden und KI-basierte Ansätze einen autonomen Einsatz des Entgratprozesses ermöglichen, um Kosten und Zeit zu sparen und zugleich die Fertigungsqualität zu erhöhen.

Die Anforderungen an die Leistungsfähigkeit und Funktionalität von Werkstücken steigen zunehmend. Ein Schlüsselelement für die Funktionalität sind die Werkstückkanten: Sie fungieren häufig als Verbindungspunkte zu anderen Bauteilen. An den Kanten bildet sich während des Fertigungsprozesses Grat. Die gewünschte Funktionalität, Leistungsfähigkeit und Ästhetik des gefertigten Werkstücks ist daher nicht immer sichergestellt. Vor allem in der Luft- und Raumfahrtbranche können Grate ein signifikantes Hindernis bei der Einhaltung von den hohen Sicherheitsanforderungen bedeuten. Deshalb ist es wichtig, Grat zu entfernen.

Entgratprozesse sind derzeit teuer und zeitaufwändig durchzuführen. In vielen Fällen werden die Werkstücke manuell entgratet. Bis zu 30 Prozent der gesamten Bearbeitungszeit entfällt auf diesen Bearbeitungsschritt. Dies macht das Entgraten zu einem treibenden Kostenfaktor in der modernen Industrie.

„Wir wollen den Entgratungsprozess und die Prozessplanung vollständig zu automatisieren“, erläutert Projektmitarbeiter René Räker vom IFW. Für den automatischen Entgratprozess ist für den Wissenschaftler nicht nur die Sollgeometrie des Werkstücks maßgebend sondern auch die individuell vorliegende Istgeometrie des Werkstücks nach dem Fräsprozess. Räker: „Dafür müssen die Werkstücke sensorisch erfasst werden. Neben der tatsächlichen Werkstückgeometrie ermitteln wir damit auch Bauteilverformung, Bauteilverzug, Form- und Lagetoleranzen sowie die Position des Werkstücks.“ Die sensorisch generierten Informationen werden in der adaptiven Bahnplanung über ein erweitertes CAD/CAM-Modul integriert und die adaptierten Werkzeugwege anschließend automatisch durch die Bahnplanung errechnet.

Ziel des Projekts ist eine schnelle und prozesssichere Automatisierung der Entgratung, um einen nahtlosen Einsatz des erforschten und entwickelten Ansatzes in der Industrie zu ermöglichen. Diese Konzeption soll universell für Werkzeugmaschinen und Industrieroboter eingesetzt werden können.

Durch das vollautomatische Entgraten können Unternehmen in Zukunft Zeit und Kosten sparen. Je nach Komplexität des Werkstücks entfallen derzeit bis zu 20 Prozent der Produktionskosten auf das Entgraten und der Entgratprozess kann bis zu 30 Prozent der Fertigungszeit beanspruchen. „Mit einem automatisierten Entgratprozess, der optimal auf die reale Werkstückgeometrie angepasst ist, wäre eine erhebliche Kostenreduzierung und Zeitersparnis der Bauteilfertigung möglich“, erläutert Wissenschaftler Räker. Daneben können durch eine Adaption der Werkzeugwege und Prozessstellgrößen die Fertigungsqualität und Wiederholgenauigkeit des Fertigungsprozesses nachhaltig gesteigert werden.

Gerade in der Luft- und Raumfahrtbranche wird mit einer Zeitersparnis beim Entgratprozess von bis zu 60 Prozent gerechnet. Somit bietet das Projekt AdaPES viel Potential, um in naher Zukunft den Entgratprozess zu revolutionieren.

Kontakt:

Für weitere Informationen steht Ihnen René Räker, Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen der Leibniz Universität Hannover, unter Telefon +49 511 762 18353 oder per E-Mail unter raeker@ifw.uni-hannover.de gern zur Verfügung.