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Belastungsoptimierte Auslegung von Schneidkantenmikrogeometrien für industrielle Prozesse

Belastungsoptimierte Auslegung von Schneidkantenmikrogeometrien für industrielle Prozesse

© IFW
Gezielte Präparation von Schneidkantenmikrogeometrien

Die Schneidkantenmikrogeometrie hat einen wesentlichen Einfluss auf die Standzeit und die Prozesssicherheit von Zerspanwerkzeugen. In der Forschung ist das große Potential von belastungsoptimierten Schneidkantenmikrogeometrien bereits bekannt und nachgewiesen. Das Fehlen von industriell anwendbaren Methoden zur Auslegung und Herstellung der optimierten Geometrien schränkt jedoch bisher die Nutzung in der Wirtschaft ein. Im aktuellen Projekt „Belastungsoptimierte Auslegung von Schneidkantenmikrogeometrien für industrielle Prozesse“ am Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) der Leibniz Universität Hannover wird diese Problemstellung fokussiert und an Auslegungsmethoden gearbeitet, um das bereits nachgewiesene Potential im industriellen Umfeld anwenden zu können.

In Kooperation mit dem Unternehmen „Mapal Präzisionswerkzeuge Dr. Kress KG“ arbeitet das IFW an einer Auslegungsmethode, um die Schneidkantenmikrogeometrie für eine maximale Leistungsfähigkeit an den zu bearbeitenden Werkstoff und den Zerspanprozess anzupassen. Das große Potential der belastungsoptimierten Schneidkantenmikrogeometrie wurde bisher im Orthogonal- und Außenlängsdrehen nachgewiesen. Andere Prozesse, wie das Innendrehen und das Aufbohren, führen aufgrund veränderter Prozesskinematiken zu abweichenden Kontaktbedingungen: Für diese Prozesse ist derzeit keine Auslegungsmethodik der Schneidkantenmikrogeometrie bekannt.

Die Anwendung belastungsoptimieter Schneidkantenmikrogeometrien für diese Prozesse bietet erhebliches Potential zur Steigerung der Werkzeugleistungsfähigkeit. Die Mikrogeometrie bezeichnet dabei den Übergangsbereich zwischen Span- und Freifläche, in dem effektiver Frei- und Spanwinkel von den nominellen Werten abweichen. Eine gezielte Präparation der Mikrogeometrie durch Verrunden der Schneidkanten beeinflusst die mechanische Stabilität sowie die Spanbildung und hat somit maßgeblichen Einfluss auf die Prozesssicherheit und Standzeit von Zerspanwerkzeugen. Die optimale Gestalt und Größe der Schneidkantenverrundung wird dabei vom thermomechanischen Belastungskollektiv am Schneidkeil bestimmt und ist somit vom zu zerspanenden Werkstoff und dem Bearbeitungsprozess abhängig.

„Bei der Bearbeitung von Stahl ist durch eine lastoptimierte Auslegung der Schneidkantenmikrogeometrie eine Steigerung der Standzeit von bis zu 100 Prozent möglich.“ erläutert Projektbearbeiter Malte Kraeft.

Eine Schneidkantengeometrie mit einer großen Verrundung resultiert in verringerten Spannungen am Schneidkeil während der Zerspanung und verhindert somit ein Ausbrechen der Schneide. Nachteilig an großen Verrundungen sind jedoch die steigenden Reib- und Quetscheffekte zwischen Werkstück und Schneidkeil. Dies bedingt erhöhte Temperaturen sowie vergrößerte Kontaktlängen an der Freifläche und sorgt so für einen erhöhten abrasiven Verschleiß.

Das gezielte Einstellen von Schneidkantenmikrogeometrien ist mittels Bürstspanen möglich. Beim Bürstspanen wird die Schneidkante mit einer Bürste bearbeitet, welche aus einem Nylonfilament mit Diamant als Schneidstoff besteht.  Jedoch gibt es für diesen Prozess keine allgemeingültige Auslegungsmethodik, die den Einfluss der Prozessparameter auf die resultierende Schneikantenmikrogeometrie für unterschiedliche Randbedingungen beschreibt. Aktuell werden hierzu Versuche am IFW durchgeführt. Die Wendeschneidplatte wird hierbei durch einen Kuka Kr16 6-Achs Roboter geführt. Hierdurch werden auch komplexe Bearbeitungsstrategien wiederholgenau ermöglicht.

Insgesamt ist das Ziel des Forschungsprojekts die Übertragung von belastungsoptimierten Schneidkantenmikrogeometrien in industrielle Prozesse.  Dies beinhaltet Methoden, die eine im industriellen Umfeld nutzbare Auslegung für belastungsoptimierte Schneidkantenmikrogeometrien und deren Herstellung mittels Bürstspanen ermöglichen. Hierdurch soll die Übertragung des bereits nachgewiesenen hohen Potentials zur Produktivitätssteigerung insbesondere bei Innendrehprozessen in die Wirtschaft ermöglicht werden.

Kontakt:

Für weitere Informationen steht Ihnen Malte Kraeft, Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen, unter Telefon +49 511 762 12321 oder per E-Mail unter kraeft@ifw.uni-hannover.de gern zur Verfügung.