Additive Fertigungsverfahren weisen im Vergleich zu konventionellen Verfahren eine geringere Oberflächenqualität auf, weshalb oft eine nachfolgende spanende Bearbeitung notwendig ist, um die gewünschten Form- und Lagetoleranzen sowie Oberflächenqualitäten zu erreichen. Die Kombination beider Fertigungsverfahren erfordert eine aufwändige Prozessplanung und einen Abstimmungsbedarf zwischen den Verfahren, um wirtschaftliche und qualitativ hochwertige Produkte herzustellen.
Die Projektmitarbeitenden haben in ihren Vorversuchen einen dünnwandigen, langauskragenden Balken mittels einer FEM-Simulation untersucht. Dabei wurde eine harmonische Anregung, wie sie bei der Fräsbearbeitung entsteht, angenommen und die Schwingungsform des Balkens mit und ohne Versteifungen verglichen.
Huuk: „Unsere Ergebnisse haben gezeigt, dass die Versteifungen zu einer signifikanten Reduzierung von Schwingungen und Verformungen während der Bearbeitung führen.“ So steige die erste Eigenfrequenz des Balkens durch das Einbringen der Versteifungen von ca. 350 Hz auf 1050 Hz an, wobei zusätzlich eine dämpfende Wirkung durch die Rippen erreicht werde. Das bedeutet, dass gezielte Versteifungsstrukturen eine spanende Bearbeitung von zu Schwingungen neigenden Bauteilen ermöglichen. Die Projektmitarbeitenden werden im nächsten Schritt unterschiedliche Versteifungen vergleichen und an zunehmend komplizierteren Bauteilen anbringen, um so die Einflüsse auf die Bauteilqualität zu untersuchen.
Ziel des Forschungsvorhabens "OptiWas" ist, auf Basis dieser Erkenntnisse eine Methodik zu entwickeln, die die Wirkbeziehung zwischen additiver und spanender Fertigung analysiert und gewonnene Informationen aus der Produktion in den Produktentwicklungsprozess der nachfolgenden Produktgeneration einfließen lässt. Hierbei wird der Ansatz der „Technischen Vererbung“ verwendet, der zuvor im Sonderforschungsbereich 653 "Gentelligente Bauteile im Lebenszyklus" entwickelt wurde. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden gezielt Versteifungsstrukturen in der additiven Fertigung vorsehen, um während der spanenden Bearbeitung auftretende Schwingungen zu vermindern und die Qualität und Effizienz bei der Herstellung der Funktionsflächen zu steigern. Die finale Bauteilgeometrie wird dabei nicht verändert, da die Versteifungsstrukturen nach der Bearbeitung wieder entfernt werden. Dies ermöglicht die optimale Nutzung der gestalterischen Freiheiten der additiven Fertigung. Durch die Erfassung und Verarbeitung von Daten und Informationen aus der Fertigung sollen allgemeingültige Gestaltungsrichtlinien für die Verfahrenskombination aus additiver Fertigung und Zerspanung entwickelt werden. Wissenschaftlerin Huuk: „Das gewonnene Wissen können wir für die Optimierung neuer Bauteilgenerationen nutzen und die Übertragbarkeit auf weitere Urformprozesse prüfen.“
Kontakt:
Für weitere Informationen steht Ihnen Julia Huuk, Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen der Leibniz Universität Hannover, unter Telefon +49 511 762 5209 oder per E-Mail huuk@ifw.uni-hannover.de gern zur Verfügung.