Leistungssteigerung durch laserbearbeitete Spanleitstufen

© IFW
Profileinstechwerkzeug mit laserbearbeiteter Spanleitstufe

Das Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) der Leibniz Universität Hannover arbeitet in Kooperation mit Maschinen- und Werkzeugherstellern daran, Spanleitstufen, die die Späne beim Zerspanen gezielt führen, an Profileinstechwerkzeugen wirtschaftlich und schädigungsarm durch Laserablation, das Abtragen von Material von einer Oberfläche durch Beschuss mit gepulster Laserstrahlung, herzustellen. Profileinstechplatten werden vorsätzlich in Großserienprozessen, häufig auf Mehrspindel-Drehautomaten, eingesetzt und garantieren dort höchste Produktivität. Allerdings treten durch die großen Spanungsquerschnitte insbesondere bei langspanenden Werkstoffen häufig Probleme in der Spanformung auf, die einen negativen Einfluss auf die Prozesssicherheit haben. Projektmitarbeiterin Marita Murrenhoff: „Lange Späne sind störend, wenn es darum geht, wirtschaftlich zu produzieren. Sie lassen sich schlechter abtransportieren und behindern den eigentlichen Zerspanprozess.“ Durch die am IFW entwickelte innovative Lösung können zukünftig langspanende Werkstoffe problemlos bearbeitet werden, ohne dass lange Bandspäne die automatisierten Prozesse blockieren.

Die Erhöhung der Prozesssicherheit, die Leistungssteigerung und die Verschleißreduzierung sind nur einige der bereits bekannten und genutzten Vorteile von Spanleitstufen. Bei ISO-Schneidplatten werden Spanleitstufen schon beim Sinterprozess, also bei der Urformung der Werkzeuge, erzeugt. Dies ist bei Profileinstechplatten nicht möglich, da erst nach dem Sintern die gewünschte Profilform für das orthogonale Einstechen durch Schleifen erzeugt wird. Das anschließende Herstellen von Spanleitstufen an den Profileinstechplatten ist mit den herkömmlichen abrasiven Prozessen, wie dem Schleifen, oft nicht möglich. „Unsere Lösung für dieses Problem ist die Herstellung von Spanleitstufen an Profileinstechplatten durch Laserbearbeitung. Sie bietet die notwendige geometrische Flexibilität und zudem eine prozessbedingte verschleißfreie Arbeitsweise“, erläutert Murrenhoff.

Bei der Laserbearbeitung von Hartmetallwerkzeugen ist die eingebrachte Wärme von zentraler Bedeutung. Durch einen erhöhten Wärmeeintrag verändern sich die Schneidstoffeigenschaften signifikant. Dies äußert sich in Gitterverzerrungen des Gefüges durch Bildung von Subkarbiden und Veränderungen der oberflächennahen Eigenspannungen des Werkzeugs. Die gewünschten Druckeigenspannungen, welche durch den Sinterprozess entstehen, werden durch die Laserbearbeitung reduziert, da thermisch Zugeigenspannungen induziert werden.

Murrenhoff: „Durch gezieltes Einstellen der Prozessstellgrößen der Lasermaschine können wir diese unerwünschten Schneidstoffveränderungen jedoch gering gehalten.“ Der Einsatz von ultrakurzgepulsten Laserquellen mit Pulslängen von minimal 300 Femtosekunden bietet dabei besonders hohes Potenzial, da der Wärmeeintrag in den Schneidstoff minimal ist.

Die Projektmitarbeitenden am IFW haben in ihren Untersuchungen festgestellt, dass hohe Leistungen bei der Laserbearbeitung von Hartmetall das wirtschaftlichste Abtragsverhalten aufweisen. Die Verfahrgeschwindigkeit des Lasers, auch Scangeschwindigkeit genannt, hatte dabei einen untergeordneten Effekt. Dies ist darin begründet, dass eine erhöhte Leistung einen tieferen Abtrag erreicht und die Geometrien in kürzerer Zeit hergestellt werden können.

Der Energieeintrag darf jedoch auch nicht beliebig hoch sein. „Bei zu hohem Energieeintrag pro Fläche entstehen hohe Oberflächenrauheiten. Dies wollen wir vermeiden“, sagt Marita Murrenhoff. Im Projekt erforschen die IFW-Mitarbeitenden die geeignete Wahl der Prozessstellgrößen, auch um damit gleichzeitig die Schichthaftung zu verbessern. Eine verbesserte Schichthaftung hat maßgeblichen Einfluss auf die Werkzeugstandzeit und senkt die Fertigungskosten. Daher ist es in dem Projekt die Aufgabe, unter Einbezug aller relevanten Faktoren, die wirtschaftlichste Laserstrategie zu ermitteln.

In zukünftigen Untersuchungen werden deshalb zur gezielten Auslegung der individuellen Spanleitgeometrien an den definierten Einstechprofilen am IFW Hannover FEM-Simulationen aufgebaut. Murrenhoff: „Dazu müssen wir die Material- und Reibmodelle der zu zerspanenden Werkstoffe aufnehmen und mit dem Realprozess abgleichen.“ Anschließend wollen die Projektmitarbeiter über Highspeed-Aufnahmen von dem Drehprozess und der Analyse der erzeugten Späne das jeweilige Bruchverhalten der zu untersuchenden Werkstoffe X5CrNi18-10 und 16MnCr5 bestimmen. Die so gewonnenen Werte werden in dem Simulationsprogramm DEFORM als Randbedingungen berücksichtigt. Abschließend wollen die Forscher die erzeugten 3D-Simulationen mit dem realen Prozess des Orthogonaleinstechdrehens vergleichen. Murrenhoff: „Das validierte Simulationsmodell kann zur gezielten Auslegung von Spanleitstufen verwendet werden.“