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Deformationskontrolle zur Steigerung der Bearbeitungsgenauigkeit bei dünnwandigen Werkstücken

Deformationskontrolle zur Steigerung der Bearbeitungsgenauigkeit bei dünnwandigen Werkstücken

Vision im Forschungsprojekt „DefCon“

Bei der Drehbearbeitung wird das Werkstück durch Spannfutter mit drei oder vier Spannbacken in der Werkzeugmaschine sicher fixiert. Werden dünnwandige Werkstücke bearbeitet, besteht die Herausforderung, dass durch zu hoch eingestellte Spannkräfte das Werkstück unzulässig hoch deformiert wird. Die Fertigungstoleranz kann folglich nicht oder nur mit hohem Aufwand eingehalten werden. Mit einem neuartigen Spannfutter sollen durch eine DEFormationsKONtrolle im Forschungsprojekt „DefCon“ Werkstückdeformationen gemindert und somit die Bearbeitungsgenauigkeit gesteigert werden.

Bei der Bearbeitung von Drehteilen werden Spannfutter für eine sichere Spannung von Werkstücken eingesetzt. Zu den am häufigsten eingesetzten Spannfuttertypen zählen dabei Backenfutter mit drei oder vier Spannbacken. Der Einsatz von Backenfuttern ermöglicht es, Drehteile mit einem breiten Durchmesserspektrum zu spannen. Dabei stellt das Spannfutter als Schnittstelle zwischen Werkstück und Drehspindel eine wesentliche Einflussgröße auf die erzielbare Maß- und Formhaltigkeit dar. Als Ursache für auftretende Maß- und Formabweichungen lässt sich vor allem die aufgebrachte Spannkraft zum Fixieren des Werkstücks nennen. Die Spannkraft führt zu einer elastischen Verspannung des Werkstücks im Spannfutter. In diesem verspannten Zustand wird das Werkstück der spanenden Bearbeitung unterzogen.

Nach dem Lösen der Einspannung wird durch die elastische Rückfederwirkung des Werkstücks die Bauteilverspannung abgebaut. Hierbei findet eine Deformation des Werkstücks statt, die die erreichbare Maß- und Formabweichung des Werkstücks herabsetzt. Insbesondere bei der Bearbeitung dünnwandiger, ringförmiger Werkstücke, wie beispielsweise Lagersitze, Hülsen oder Ventilringe, stellen zu hoch eingestellte Spannkräfte eine große Herausforderung dar. Aufgrund der geringen Steifigkeit dünnwandiger Werkstücke, können bereits bei geringen Spannkräften unzulässig hohe Werkstückdeformationen auftreten. Bei zu hoch eingestellten Spannkräften führen die Verformungen zu unzulässig hohen Form- und Maßabweichungen des Werkstücks, sodass geforderte Toleranzen nicht oder nur unter erheblichem zusätzlichen Einrichtungsaufwand eingehalten werden können. Um Ausschuss bereits ab dem ersten Bauteil zu vermeiden, muss daher eine formstabile Bearbeitung sichergestellt werden. Mit derzeit verfügbaren Spannfuttern ist dies nicht oder nur mit hohem Rüstaufwand möglich.

Im Forschungsprojekt „DefCon“ forscht das Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) der Leibniz Universität Hannover daher zurzeit an einem neuartigen Spannfutter. Eine Neuheit des Spannfutters stellt ein integrierter, hochkompakter elektrischer Aktor dar. Durch den Aktor kann die sonst übliche externe Betätigung von Spannfuttern mit einem energieintensivem hydraulischen Spannaktor entfallen. Das neue Spannfutter trägt somit auch zu einem potenziell geminderten Leistungsbedarf der Werkzeugmaschine bei.

Durch die direktere Krafteinleitung des Aktors wird zudem eine präzisere Einstellung der Spannkraft erwartet als bei konventionellen Spannfuttern. Eine präzise einstellbare Spannkraft stellt eine der zwei Grundvoraussetzung dar, um auftretende Werkstückdeformationen gering zu halten. Die zweite Grundvoraussetzung besteht in einem Messsystem zur Bestimmung der real auftretenden Werkstückdeformation. Zur Bestimmung der Werkstückdeformation wird das Spannfutter mit einer sensorischen Spannbacke ausgestattet. Mit der Kombination aus sensorischen und aktorischen Fähigkeiten ist das neue Spannfutter erstmals dazu befähigt, den Zusammenhang zwischen eingestellter Spannkraft und resultierender Werkstückdeformation zu bestimmen. Dies ermöglicht es, dass das Spannfutter z. B. anhand einer vom Bedienpersonal vorgegebenen Rundlauftoleranz automatisch die optimale Spannkraft einstellt. Hierdurch werden insbesondere bei dünnwandigen Werkstücken zeitintensive Rüstaufwände gemindert.

 

Kontakt:

Für weitere Informationen steht Ihnen Herr Eike Wnendt, Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen der Leibniz Universität Hannover, unter Telefon +49 511 762 18257 oder per E-Mail (wnendt@ifw.uni-hannover.de) gern zur Verfügung.