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Projektergebnisse zeigen wirtschaftliche und ressourcenschonende Herstellung von Titanbauteilen für die Luft- und Raumfahrt

Projektergebnisse zeigen wirtschaftliche und ressourcenschonende Herstellung von Titanbauteilen für die Luft- und Raumfahrt

Additiv gefertigte Proben der Legierung Ti5553 und REM-Aufnahme einer verschlissenen Wendeschneidplatte

Titanlegierungen sind heute für viele Hochleistungsanwendungen unabdingbar. Der Einsatz additiver Fertigungsverfahren, wie dem pulverbettbasierten Schmelzen mittels Laser (PBF-LB), ermöglicht eine große Geometrie- und Gestaltungsfreiheit hinsichtlich Leichtbau. Aufgrund der Anforderungen an die Oberflächengüte und die Formtoleranz müssen diese Bauteile in der Regel spanend nachbearbeitet werden. Durch die Prozesscharakteristik der additiven Fertigung entstehen Gefüge- und Materialeigenschaften, die sich signifikant von denen konventionell urgeformter Titanhalbzeuge unterscheiden. In dem jetzt am Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) der Leibniz Universität Hannover abgeschlossenen Forschungsvorhaben „Gefügeausbildung beim selektiven Laserstrahlschmelzen von Titanlegierungen und Einfluss auf die Zerspanbarkeit“ sollte mit einer gezielten Prozesssteuerung des Laserprozesseses die Zerspanbarkeit in zu bearbeitenden Bereichen verbessert werden. Das Projektziel: Die Gefügeausbildung additiv hergestellter Bauteile aus der Titanlegierung Ti5553 zu analysieren und die Einflüsse auf die Zerspanbarkeit zu identifizieren.

Das IFW erarbeitete gemeinsam mit dem Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung in Dresden die Grundlagen zum Einfluss der Verfahrensparameter des PBF-LB-Prozesses auf die Gefügeeigenschaften und die daraus resultierende Zerspanbarkeit der Titanlegierung Ti-5Al-5V-5Mo-3Cr (Ti5553).

Innerhalb dieses Forschungsprojekts untersuchte das IFW die Zerspanbarkeit verschiedener Gefügemodifikationen, die sich als Folge unterschiedlicher Verfahrensparameter abbildeten. Mit Hilfe einer modellbasierten Methodik wurde eine Verknüpfung zwischen den Eingangsgrößen des Laserprozesses, den mechanischen Eigenschaften, dem resultierenden Gefüge und der resultierenden Zerspanbarkeit hergestellt. Titanlegierungen gelten aufgrund ihrer thermomechanischen Eigenschaften als schwer zerspanbare Werkstoffe. „Die im Projekt generierten Ergebnisse tragen dazu bei, die wirtschaftliche und ressourcenschonende Herstellung von Komponenten für die Luft- und Raumfahrt weiter zu steigern“, erläutert Projektbearbeiter Sebastian Worpenberg.

Bei der untersuchten Titanlegierung handelt es sich um eine β-nahe Legierung. Aufgrund der großen Temperaturdifferenz zwischen Wärmequelle (Schmelzpool) und Wärmesenke (bereits erstarrtes Material) können hohe Abkühlgeschwindigkeiten erreicht werden. Auf diese Weise ist es durch den PBF-LB-Prozess möglich, ein reines β-Gefüge einzustellen. Generell ist die Mikrostruktur jedoch gekennzeichnet durch eine große Anisotropie der Gefügeeigenschaften und durch gestreckte Körner entlang der Aufbaurichtung. Darüber hinaus wird die Korngröße signifikant durch die gewählten Parameter des Laserprozesses beeinflusst.

Im ersten Projektabschnitt wurde der Einfluss der Verfahrensparameter des PBF-LB-Prozesses auf das entstehende Gefüge der Legierung Ti5553 untersucht. Ergänzend dazu wurden einige Proben unterschiedlichen Wärmebehandlungen unterzogen. Alle Proben wurden bezüglich ihrer Mikrostruktur und ihrer mechanischen Eigenschaften charakterisiert.

Im darauffolgenden Schritt wurden die gewonnenen Erkenntnisse in einem Modell zur Abbildung der genannten Eigenschaften in Abhängigkeit der Prozessparameter zusammengefasst. Parallel zur Bestimmung der Mikrostruktur und der mechanischen Eigenschaften erfolgte die Bewertung der Zerspanbarkeit der jeweiligen Proben in Form von Fräsuntersuchungen. Zielgröße war dabei neben der Kenntnis des Werkzeugverschleißverhaltens auch die Kenntnis über den Einfluss des Zerspanprozesses auf die Ausbildung der Bauteilrandzone. Innerhalb dieser Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass das Werkzeugverschleißverhalten signifikant durch die Prozessparameter des PBF-LB-Prozesses beeinflusst wird. Dieser Einfluss ist auch nach den industriell üblichen Wärmebehandlungen vorhanden.

Mit Hilfe der im Projekt generierten Ergebnisse ist es möglich, modellbasiert Verfahrensparameter auszuwählen, die zu einer ressourcenschonenden spanenden Bearbeitung beitragen, ohne die Sicherheit des Bauteils im späteren Einsatz aufgrund unzureichender mechanischer Eigenschaften zu gefährden.

 

Kontakt:

Für weitere Informationen steht Ihnen Sebastian Worpenberg vom Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen der Leibniz Universität Hannover, unter Telefon +49 511 762 2537 oder per E-Mail (worpenberg@ifw.uni-hannover.de) gern zur Verfügung.