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Systemdemonstrator des SFB 871 und „SCALE“ wachsen zusammen

Systemdemonstrator des SFB 871 und „SCALE“ wachsen zusammen

Transport der am IFW entwickelten 5-Achs-Fräsbearbeitungsmaschine „Neximo“

Triebwerksschaufeln stellen ein technologisches Spitzenprodukt dar, die in einem aufwändigen und kostenintensiven Herstellungsprozess gefertigt werden. Die Reparatur verschlissener Triebwerkschaufeln stellt daher ein erhebliches wirtschaftliches Potenzial dar. Derzeit ist die Wiederaufbereitung jedoch oftmals mit einem hohen Personal- und Erfahrungseinsatz verbunden. Zur Minderung manueller Arbeitsaufwände wurden im Sonderforschungsbereichs (SFB) 871 „Regeneration komplexer Investitionsgüter“ die Grundlagen zur automatisierten Reparatur komplexer Investitionsgüter am Beispiel von Turbinenschaufeln aus dem Hochdruckbereich (HPT) geschaffen. Anhand des Systemdemonstrators konnte bereits die prototypische Reife einzelner Prozesszellen für die automatisierte Schaufelreparatur bewiesen werden. Darauf aufbauend findet in mehreren Forschungsprojekten am IFW ein Transfer der Ergebnisse in die Industrie statt. Das Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) Hannover setzt die Forschungsarbeiten zukünftig im Forschungsbau SCALE fort, welches thematisch eine ideale Fortsetzung darstellt. In dem interdisziplinären Forschungsbau SCALE liegt ein Schwerpunkt der Forschungsvorhaben auf der Entwicklung und Untersuchung von skalen-unabhängigen Prozessketten, die sowohl größen- und stückzahl-unabhängig als auch ökologisch und ökonomisch effiziente Fertigung ermöglichen.

Steigender Individualisierungsgrad von Produkten, zunehmender konstruktiver integraler und stofflicher Leichtbau und Vergrößerung von Maschinen und Anlagen zur Leistungs- und Effizienzsteigerung stellen heutige Fertigungsprozesse vor dem Hintergrund einer in Gänze nachhaltigen Nutzung von Rohstoffen und Energie vor neue Herausforderungen. Das IFW forscht bereits seit vielen Jahren an Lösungsansätzen. So wurde insbesondere im Sonderforschungsbereich (SFB) 871 ein neuartiger Ansatz für die Regeneration komplexer Investitionsgüter erarbeitet. Am Beispiel des Flugtriebwerkes und hier im Besonderen der Turbinenschaufel wurde eine Kombination von virtuellem und realem Reparaturprozess ausgearbeitet, um auf Grundlage einer zustandsbasierten Funktionsquantifizierung regelbasierte Entscheidungen über die Art und Notwendigkeit einer Reparatur zu treffen.

Teile der realen Reparaturprozesskette wurden im SFB871 aufgebaut und in Form eines Systemdemonstrators zusammengeführt, um die Reparaturprozesskette anhand von praxisnahen Prozesszellen zu erforschen. Zu diesen Zellen zählt die am IFW entwickelte 5-Achs-Fräsbearbeitungsmaschine „Neximo“ und eine Anlage zur Laserpulverauftragsbearbeitung „Lasertec 65 3D“. Des Weiteren gehört eine Zelle zur multiskaligen Geometrieerfassung, eine Zelle zur bauteilschonenden Demontage sowie eine Stellvertreterzelle, um zusätzliche Zellen wie die Beschichtung synthetisch abzubilden, dazu.

Die hohen Anforderungen bei der Regeneration komplexer Investitionsgüter wie Turbinenschaufeln führen zu einem hohen Bedarf an Prozesswissen sowie einem hohem Individualitätsgrad. Derzeit erfolgt die Prozessplanung und häufig auch der Fertigungsprozess selbst bei Reparaturprozessen von Turbinenschaufeln unter hohem manuellem Aufwand. Zur Automatisierung des additiven Auftragsprozesses und der subtraktiven Endkonturbearbeitung ist eine wissensbasierte und prozesssichere Planungsstrategie notwendig. Das IFW forscht daher weiter intensiv an Methoden zur automatisierten Prozessplanung mit digitalem Zwilling zur Reparatur komplexer Investitionsgüter, die eine gezielte virtuelle Auslegung des Materialauftrags sowie der Rekonturierung ermöglicht. Die Automatisierung ermöglicht die Reduzierung von Prozessausschuss durch eine höhere Prozesssicherheit und führt zu einer Effizienzsteigerung durch Parallelisierung der Prozesse. Damit leistet das IFW einen entscheidenden Beitrag dazu, sowohl den Materialauftragsprozess als auch die spanende Rekonturierung als wichtige Bestandteile der Produktregeneration technologisch und wirtschaftlich zu verbessern. Zudem wird für jede Turbinenschaufel ein digitaler Zwilling erstellt, der der virtuellen Repräsentation des aktuellen Zustands der Turbinenschaufel entspricht. Dies ermöglicht einen live-Datenaustausch zwischen den einzelnen Prozesszellen sowie eine Rückführung aus innerhalb der virtuellen Ebene gewonnen Ergebnissen zur gezielten Anpassung zurück an den Prozess. Bei der Nutzung des digitalen Zwillings durchgängig durch die gesamte Prozesskette im realen Fertigungskontext hat das IFW bereits eine internationale Vorreiterrolle eingenommen. Von den Erkenntnissen des IFW profitieren nicht nur Regenerationsdienstleister, sondern auch CAM-Softwareentwickler und Werkzeughersteller.

Derzeit entsteht am Standort Garbsen der Leibniz Universität Hannover der Forschungsbau SCALE. Am SCALE werden skalenunabhängiger Prozessketten erforscht, die es ermöglichen, mit derselben Technologie sowohl größen- und stückzahlunabhängig als auch ökologisch und ökonomisch effizient zu fertigen. Ein Fokus des SCALE besteht in der interdisziplinären Zusammenarbeit der beteiligten Forschungsinstitute. Hierzu wurden gemeinsame Versuchsflächen geschaffen, die eine enge Zusammenarbeit ermöglichen. Um das Potential der Erkenntnisse aus dem SFB871 weiter zu nutzen, bereitet das IFW zurzeit den Umzug der Prozesszellen in den Forschungsbau SCALE vor.

Nach dem Umzug wird mit Abschluss der Wiederinbetriebnahme voraussichtlich ab Ende November die Forschungsarbeit mit dem SFB871 Systemdemonstrator fortgeführt.

 

Kontakt:

Für weitere Informationen steht Ihnen Sven Friebe, Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen der Leibniz Universität Hannover, unter Telefon +49 511 762 18074 oder per E-Mail (friebe@ifw.uni-hannover.de) gern zur Verfügung.